Das “Haus im Grünen” stellt für junge Familien keine Alternative mehr dar. Stattdessen ziehen sie die Mietwohnung in der Stadt vor. Aber dort wird es wegen Singularisierung und Zuwanderung immer enger.
Allein in Hamburg fehlen aktuell 30.000 Wohnungen, in Niedersachsen sind es ebenfalls 30.000 Wohnungen, besonders in den Universitätsstädten, im Hamburger Umland und in den wirtschaftlich starken Kreisen. In Schleswig Holstein sind die Universitätsstädte Flensburg, Kiel und Lübeck von der aktuellen Wohnungsknappheit betroffen. Auch in Bremen und selbst in Bremerhaven ist die Situation für Wohnungssuchende deutlich schwieriger geworden.
Befristete Arbeitsverträge, Mobilitätserwartungen und hohe Spritkosten verändern das Wohnverhalten
Zu diesem Ergebnis kommt das Pestel Institut aus Hannover. Die Forscher der Untersuchung führen in ihrer Studie “Wohnungsmärkte in Nordwestdeutschland – eine aktuelle Einschätzung“ aus, dass gegenwärtig insgesamt über 70.000 Wohnungen im Nordwestdeutschland fehlen. Hierfür wurde die Entwicklung von 1995 bis 2014 nachgezeichnet, wobei die Ergebnisse des Zensus 2011 vollständig eingearbeitet worden sind.
Als ursächlichen Treiber für die Wohnungsknappheit führen die Forscher des Pestel Instituts an, dass das “Haus im Grünen” für viele junge Familien keine Alternative mehr darstellt. Die Gründe hierfür sind:
- Viele junge Menschen bekommen zunächst nur einen befristeten Zeitvertrag, der zudem finanziell schlechter dotiert ist als vor zehn oder 15 Jahren.
- Die von jungen Erwerbstätigen erwartete nahezu grenzenlose räumliche Mobilität im Beruf spricht gegen den Erwerb von Wohneigentum.
- Durch den Ölpreisschub 2007/2008 müssen die Mobilitätskosten heute wesentlich stärker berücksichtigt werden als früher.
- Die Werthaltigkeit von Immobilien gerade im ländlichen Raum ist nicht gegeben.
Günther: “Bauen, bauen und noch einmal bauen ist keine Lösung.”
Im Ergebnis hat sich der Kompromiss der Wohnstandortsuche junger Familien in Richtung „Mietwohnung in der Stadt“ verschoben. Zusammen mit der wieder auflebenden Zuwanderung und zunehmenden Singularisierung wird es in den Städten zunehmend enger, so die Forscher des Pestel Instituts.
Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, führt an, dass auch künftig in Nordwestdeutschland weiterer Wohnungsbau notwendig ist, mahnt aber: “Bauen, bauen und noch einmal bauen kann keine zukunftsfähige Lösung sein. Allein der gigantische Materialumsatz und die zusätzlich zu versiegelnden Flächen sprechen dagegen. In jedem Fall ist die Nachverdichtung in den Wohnungen eine sinnvolle Variante. Nach aktuellem Stand haben wir in Westdeutschland gegenwärtig einen Wohnkonsum von 47 qm je Einwohner. Dieser betrug Anfang der 1950er 12 Quadratmetern, in den 1970ern 23 Quadratmetern und 1987 rd. 35 Quadratmetern.”
Auch müsse über alternative Wohnmodelle nachgedacht werden, um den wachsenden Wohnungsbedarf decken zu können. Mehr gemeinschaftliches Wohnen etabliere sich aus ökonomischen Gründen bereits in den Großstädten. “Auch der Hochqualifizierte kann sich mittlerweile die Zweitwohnung nicht leisten.”, so Matthias Günter. (ks/pestel)