Während dieser Tage die Lokführergewerkschaft GDL mit ihrem Rekordstreik wieder für Unmut bei tausenden Pendlern und Studenten sorgt, brach in der vergangenen Woche der japanische Schnellzug Shinkansen den Geschwindigkeitsrekord für Züge mit 603 km/h. Ab 2027 soll der Zug die japanischen Großstädte verbinden. Für den so genannten Innovationsstandort Deutschland pure Science-Fiction. (foto: DAMASA )
Wieder Streik in Deutschland! Von A nach B zu kommen gestaltet sich so zu einem Abenteuer. Einen so langen Streik hat es in der Bundesrepublik nicht mehr gegeben. Wenn man dann einen Zug erwischt hat, erlebt man häufig das alte Leid: Verspätungen, verpasste Anschlusszüge, Betriebsstörungen. Wer viel Bahn fährt, weiß dass man eine Fahrt gut organisieren muss, will man zum Beispiel einen Termin nicht verpassen. Über Service und Gastronomie wollen wir gar nicht erst sprechen. Fakt ist jedoch, dass Alternativangebote, wie Fernbusse der Deutschen Bahn längst den Rang abgelaufen haben. Ob halbwegs innovative Ideen, wie Preissenkungen oder gratis W-LAN in der zweiten Klasse das Heilmittel sind, wird die Zeit zeigen.
Währenddessen in Japan…
Was vergangene Woche in Japan geschah dürfte in den Ohren vieler Bahnfahrer hierzulande, wie Science-Fiction klingen. Ein Prototyp der Magnetschwebebahn Maglev brach den Geschwindigkeitsrekord: Mit 603 km/h düste er über die Gleise. Die japanischen Schnellzüge und das 515 km lange Streckensystem, die beide im Volksmund „Schikansen“ (zu Deutsch „neue Stammstrecke“) genannt werden, verbinden die großen Städte im Land der aufgehenden Sonne mittlerweile seit 51 Jahren miteinander. Das Netz existiert neben den herkömmlichen Streckennetzen.
Nach der Privatisierung des Streckennetzes 1987 ging jedes Bahnunternehmen einer eigenen Philosophie nach. Die hohe Konkurrenz spornte die Unternehmen nicht nur zu Pünktlichkeit und Service (kurz nach Abfahrt des Zuges verbeugt sich ein Mitarbeiter vor den Passagieren), sondern auch zu Höchstgeschwindigkeiten. Die derzeitige Durchschnittsgeschwindigkeit der Züge zwischen 270 und 320 km/h. Sollte der Maglev plangemäß ab 2027 verkehren, würde der Zug streckenweise also eine Verdoppelung der aktuellen Durchschnittsgeschwindigkeit erreichen. Die 600km lange Strecke zwischen Tokyo und Nagoya soll so in knapp 40 Minuten erreicht werden.
Leiser als ein deutscher ICE trotz höherer Geschwindigkeit
Dabei agiert der Zug äußerst nachhaltig und nutzt die Vorteile der Aerodynamik durch seinen gut 15m langen „Schnabel“ an der Vorderseite. Dadurch wird unter anderem das laute Geräusch vermieden, wenn Züge in Tunnel fahren, so dass der Maglev streckenweise trotz mehrfacher Geschwindigkeit leiser ist, als ein deutscher ICE. Wie häufig in Japan, werden auch die Passagiere aufgefordert so schnell wie möglich auszusteigen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewähren und im Gegensatz zu Deutschland halten sich die meisten sogar daran.
Qualität hat ihren Preis. Bei der Maglev ist das nicht anders. Zwischen 30 und 70 Milliarden Euro sollen der Bau und der Betrieb der Strecke zwischen Nagoya im Norden und Tokyo im Süden des Landes kosten. In der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, die Japan trotz des verheerenden Tsunamis von 2011 nach wie vor ist, stellt dies jedoch kein Problem dar. Allein betriebswirtschaftlich ist diese Summe sinnvoll angesichts der Tatsache, dass man die Züge ins Ausland exportieren könnte. Dadurch würde man in Konkurrenz treten mit deutschen Produkten, wie dem Transrapid von Siemens. Dass die Züge in ähnlicher Form seit Jahrzehnten von der eigenen Bevölkerung genutzt werden und Japan ohnehin als Vorreiter in Sachen Technik gilt, dürfte ein Vorteil für die Unternehmen aus dem Land der aufgehenden Sonne sein
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