90% aller Abtreibungen auf der Welt findet in Entwicklungsländern statt. Das schlechte Gesundheitssystem ist dabei nicht der einzige Grund für diese Entwicklung.
Wer Abtreibungen verhindern will, darf sie nicht tabuisieren und kriminalisieren. So lautet eine zentrale Erkenntnis aus einer Studie des Guttmacher Instituts mit Sitz in New York. Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation und verschiedenen Universitäten in den USA haben die Forscher – nach 2008 – erneut die Statistiken zur Abtreibung weltweit untersucht.
Wie schwierig dieses Vorhaben war, berichtet die Biostatistikerin Gilda Sedgh vom Guttmacher Institut. Vor allem Länder mit einem schlechten Gesundheitssystem verfügen oft über keine oder mangelhafte Daten. Richtig schwer war die Datenbeschaffung in Ländern, in denen Abtreibung ein Tabuthema ist oder schlicht gesetzlich verboten wurden. Denn was nicht geben darf, werden in der Regel auch keine Daten erhoben.
Über 56 Millionen Frauen haben abgetrieben
Diese Einschränkungen haben die beteiligten Wissenschaftler in ihrer Datenanalyse berücksichtigt und weisen dies im Datenmaterial entsprechend aus. Aufgrund dessen zeigt die Studie globale Tendenzen, die überraschende Erkenntnisse bereithalten. Obgleich die Zahl der Abtreibungen gleichgeblieben ist, wenn man das Bevölkerungswachstum weltweit beachtet, finden über 90% der Abtreibungen in den Entwicklungsländern statt.
Haben zwischen 1990 bis 1994 über 50 Millionen Frauen abgetrieben, ist diese Zahl zwischen 2010 bis 2014 auf über 56 Millionen angewachsen. Beachtet man bei dieser Zahl das weltweite Bevölkerungswachstum, so ist im Verhältnis die Zahl der Abtreibungen gesunken. Haben zwischen 1990/1994 40 von 1.000 Frauen abgetrieben, ist dieser Anteil 2010/2014 auf 35 Abtreibungen je 1.000 Frauen gesunken.
Zahl der Abtreibung in Europa halbiert
Vergleicht man die beiden Zeiträume so hat insbesondere Europa den größten Sprung gemacht. Die Zahl der Abtreibungen wurde nahezu halbiert. 1990/1994 haben 8,2 Millionen Frauen im Alter zwischen 15 bis 44 Jahren abgetrieben. 2010/2014 waren dies nur noch 4,4 Millionen Frauen. Die Zahl der Abtreibungen in Lateinamerika, Asien und Afrika sind im Gegenzug in absoluten Zahlen gestiegen.
Von den 56,3 Millionen Abtreibungen zwischen 2010/2014 entfallen mit 49,6 Millionen Abtreibungen auf Entwicklungsländer. Die westlichen Industrienationen zählen insgesamt 6,7 Millionen Abtreibungen. Die Forscher führen als Grund nicht nur ein schlechtes Gesundheitssystem für diese hohe Zahl in den Entwicklungsländern an.
In Ländern, in denen Abtreibung tabuisiert oder kriminalisiert werden, haben Frauen gleichzeitig kaum einen Zugang zu Verhütungsmitteln, zur gesundheitlicher Vorsorge, Aufklärungsmaterialien oder Beratungsstellen. Denn die Forscher sehen vor allem in ungewollten Schwangerschaften die wesentliche Ursache für Abtreibungen.
Mehr Wissen?
Fact & Figures des Guttmacher Instituts zur weltweiten Abtreibung
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