Der Wohnungsneubau steht vor enormen Herausforderungen. Zu dieser Erkenntnis gelangt der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW) in ihrer aktuellen Ausgabe “Wohnungswirtschaftliche Daten und Trends 2015/2017”. Dabei beziehen sich die Autoren zentral auf die Wohnungsmarkt-Studie des Pestel-Instituts.
Demnach werden in den nächsten fünf Jahren jedes Jahr 400.000 Wohnungen benötigt, um den Bedarf zu decken. Die Autoren gehen ferner davon aus, dass bis zum Jahr 2025 jährlich rund 365.000 neue Wohnungen benötigt werden. Nimmt die Singularisierung (Einpersonenhaushalte) zu und wächst die Zahl von Zweit- und Ferienwohnungen, dann gehen sie gar davon aus, dass bis 2025 über 410.000 Wohnungen benötigt werden.
Deutlich geringer fällt der Bedarf an Wohnungen aus, wenn der materielle Wohlstand stagniert oder schrumpft. In diesem Fall wird in der Studie erwartet, dass breite Bevölkerungsschichten keinen weiteren Wohnflächenbedarf anmelden werden. Auf diese Weise wird die Quadratmeterfläche pro Kopf stagnieren oder sinken. Aber auch dann werden bis 2025 jährlich 160.000 neue Wohnungen benötigt.
Wohnqualität oder Klimaschutz?
Angesichts dieser Szenarien, in denen mehr Wohnungen benötigt werden, stellt sich die Frage, was getan werden muss: neue Wohnungen bauen, bestehende Wohnungen sanieren, Immobilieneigentum fördern, Wohnflächen verkleinern?
Die sinnvollen Maßnahmen hängen davon ab, ob man die gute Wohnungssituation der 1980er Jahre wiederherstellen oder die klimapolitischen Ziele erreichen möchte. Für den ersten Fall müssen – gemäß der Wohnungsbedarfsrechnung des Eduard Pestel-Institut – erheblich mehr Wohnungen gebaut werden. Will man hingegen das zweite Ziel erreichen, muss der Wohnflächenkonsum pro Einwohner reduziert werden.
Hierbei kann mit erheblich weniger Neubauten gerechnet werden, so dass der geringere Baustoff- und Energiebedarf auf die Emissionen klimaschädlicher Gase spürbar sinken würde. Andererseits ist es klimapolitisch sinnvoll, jenen Wohnungsbestand abzureißen, dessen energetische Sanierung überproportional aufwendig ist, und stattdessen einen Neubau zu errichten. Die Barriere zwischen Förderung der Wohnungsqualität und Vereinbarkeit mit klimapolitischen Zielen kann durch eine wegweisende Suffizienzstrategie überwunden werden.
Suffizienzstrategie: Wohnqualität und Klimaschutz
Die Einbettung des Suffizienzprinzips in die wohnungsbaupolitischen Förderprogramme könnte ein Steuerungs-Mechanismus sein, der die Förderung der Wohnqualität mit klimapolitischen Zielen verbindet. Das bedeutet: Um den Wohnungsmangel in manchen Regionen durch mehr Wohnungsbau zu beseitigen, wird in den Förderprogrammen darauf geachtet, dass der Wohnflächenkonsum pro Bewohner ein bestimmtes Maß nicht überschreitet. Auf diese Weise würde der Wohnungsbau auf kleinere und barrierearme Wohnungen gerichtet, die mit Blick auf die Altersstruktur besonders wichtig sind.
Eine solche Suffizienzstrategie ist auch mit Blick auf den Wertewandel und verändertes Mobilitätsverhalten sinnvoll. Denn die hohe und unter Umständen weiter steigende Berufsmobilität bei gleichzeitig wachsender Arbeitsplatzunsicherheit, die steigende Akademisierung und der dadurch hohe Zuzug wie Verbleib von Menschen in den Städten wird auch ohne Berücksichtigung von Einwanderung zu weiter steigenden Mieten und Kaufpreise in den (angesagten) Städten führen.
Luxussteuer auf Wohnungen?
Um dies abzumildern oder sogar zu verhindern, wäre eine Verteuerung übermäßigen Wohnkonsums angezeigt. Eine Luxussteuer auf – beispielsweise Wohnungsflächen von über 40 Quadratmetern pro Bewohner – würde Anreize für die Vermietung überschüssiger Wohnflächen oder für den Umzug in kleinere Wohnung schaffen. So würden insbesondere in den Städten Leerstände oder andere unerschlossene Wohnflächen aktiviert werden.