Wissen Sie, was ein Ramadankalender ist? Wenn nicht, dann haben Sie mit den Muslimen in den muslimischen Ländern eine Gemeinsamkeit. Wenn Sie es doch wissen sollten, sind Sie wahrscheinlich ein Muslim, der in Deutschland lebt. (Foto: Seren Başoğul)
Ramadankalender ist nämlich eine Idee aus Deutschland. Vor wenigen Jahren kursierten in den sozialen Netzwerken vereinzelte Berichte von Müttern, die mit ihren Kindern einen Ramadankalender entwickelt haben, um ihren Kindern den Sinn und Inhalt der muslimischen Fastenzeit spielerisch zu vermitteln. Inzwischen ist daraus eine Bewegung geworden.
Verschmelzung von christlichen und muslimischen Kulturpraktiken
In dutzenden Blogs werden kreative Bastelanleitungen angeboten. Dort können sich Eltern informieren, wie sie ihre Kinder über die Fastenzeit pädagogisch begleiten können. Die karitative Organisation “Muslime helfen e.V.” hat dem Thema sogar eine ganze Projektwebsite gewidmet. Auf www.gruenebanane.de finden Eltern ein Arsenal an Ideen, Inhalten und Anleitungen, die sie je nach den Fertigkeiten und dem Alter ihrer Kinder aber auch den pädagogischen Zielen auswählen können.
Der Ramadankalender ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Verschmelzung von deutschen/christlichen und türkischen/arabischen/muslimischen Kulturpraktiken in Deutschland, so dass eine neue Kulturpraktik entstanden ist. Doch der Kalender ist nicht das einzige Beispiel.
In Anlehnung an den Weihnachtsmarkt finden seit wenigen Jahren in einigen deutschen Großstädten Ramadan-Feste. Das bekannteste Format ist in Dortmund und nennt sich Festiramazan. Dieses Jahr ist das Format auf Mannheim erweitert worden. Dort nennt es sich “Orient-Festival”. Glühwein wird man vergeblich suchen, aber trotzdem werden nicht-muslimische Besucher für sie Bekanntes wiederfinden.
Islamisierung des Abendslands oder soziologische Konvergenz?
Aus der Ferne wirken der Ramadankalender und die Ramadanfeste wie die Islamisierung des Abendlands. Bei näherer und objektiver Betrachtung allerdings handelt es sich um die Konvergenz von Kulturpraktiken, die eine neue Gemeinsamkeit schaffen.
In den sozialen Netzwerken werden der Ramadankalender und die Ramadanfeste von der muslimischen Community zum Teil heftig kritisiert. Beide seien eine Kommerzialisierung religiöser Feste, die vorallem die Kinder zum Konsum animiert. Das, im Übrigen, ist ebenfalls Ausdruck einer Verschmelzung von Kulturpraktiken. Denn dieselbe Kritik hört man alle Jahre wieder in Bezug auf den Adventskalender und die Weihnachstmärkte.
Mehr Wissen?
Es ist Ramadanzeit. Hier finden Sie einige Hintergrundinformationen zu dieser Festzeit.