Mit Software Verbrecher, Einbrecher und Räuber fangen? Das verspricht ein sozialwissenschaftliches Institut aus Oberhausen, das die Software „precob“ entwickelt hat. Hat die Zukunft der Polizeiarbeit begonnen? (blu-news.org)
Stellen Sie sich vor: Eine junge Frau läuft alleine durch eine dunkle Gasse in Düsseldorf. Sie blickt um sich, weil sie sich beobachtet fühlt. Sie greift ihre Handtasche intuitiv fester. Das mulmige Gefühl im Bauch veranlasst sie, dass sie sich irgendwo festhalten muss. Sie hat Angst.
Eine dunkle Gestalt kommt auf sie zu
Jetzt hört sie auch noch vom Weiten eine Stimme, die sie nicht zuordnen kann. Etwas Metallisches fällt runter. Der Krach schallt durch die dunkle Gasse. Sie atmet hektisch, ihre Augen sind weit aufgerissen, sie läuft schneller, während sie sich umschaut. Sie will weglaufen. Vor was und warum, weiß sie nicht. Ihr Herz, das immer schneller schlägt, treibt sie zu schnellen und kurzen Schritten. Auf einmal knallt sie gegen einen massiven Körper, der um die Ecke kam. Sie fliegt rückwärts auf den Boden.
Sie kann noch ihren Oberkörper aufrichten, um mit offenem Mund zu beobachten, wie die dunkle Gestalt auf sie zukommt. Sie will gerade schreien, da hört sie, wie eine freundliche Stimme nach ihr fragt: “Haben Sie sich weh getan?”. Sie nimmt die ihr gereichte Hand entgegen, die sie mit einem Schwung nach oben zieht. Sie erkennt das Lächeln eines Polizeibeamten auf Streife. “Sie müssen vorsichtig sein. Um die Uhrzeit hier in der Gegend laufen manchmal merkwürdige Gestalten rum.”, ruft er ihr noch hinterher.
Können Sie sich vorstellen, dass der Polizist genau an dieser Ecke nicht zufällig gestanden hat!?
Mit Statistiken Straftaten vorher erkennen
Die Polizei arbeitet seit jeher mit vielen Statistiken, um ihrer Arbeit nachgehen zu können. Es ist ihr natürliches Interesse, dort präsent zu sein, wo sie benötigt wird. Statistiken über Delikte, sozialgeografische und -demografische Daten, Daten über sozialen Status eines Wohnquartiers und viele weitere Informationen werden benötigt, damit die Polizei ihre Ressourcen so einsetzen kann, dass sie dort präsent ist, wo sie auch gebraucht wird.
Wäre es nicht toll, wenn auf der Grundlage dieser Daten eine Software der Polizei mitteilen könnte, wo am wahrscheinlichsten eingebrochen oder jemand überfallen wird?! Im Zeitalter von Echtzeit-Technologien wäre ein solches Instrument für die Polizei durchaus nahe liegend. Der Sozialwissenschaftler Thomas Schweer hat mit seinem Institut für musterbasierte Prognosetechnik (kurz: IfmPt) eine Software entwickelt: precobs.
Precobs steht für “Pre Crime Observation System” und ist ein Computerprogramm, das anhand von Deliktstatistiken, geografischen Fallanalysen, Täterprofilen u.v.m. eine Prognosen erstellt, an welchem Ort die nächste Straftat sehr wahrscheinlich stattfinden wird. Mit dieser Prognose kann die Polizei vorsorglich Einsatzkräfte mobilisieren, so dass sie mit ihrer Präsenz den Täter vor der Straftat abschrecken kann.
Softwarebasierte Prognoseverfahren sind voll im Trend
Die Software, die im Ruhrgebiet entwickelt wurde, wird in der Schweiz, in München und in NRW zu Testzwecken eingesetzt. Das Prinzip wirkt auf dem ersten Blick äußerst spektakulär und erinnert an den Science Fiction “Minority Reports” mit Tom Cruise. Allerdings werden solche Prognoseverfahren in Unternehmen im Rahmen von Business Intelligence als Predictive Analytics oder Advanced Analytics eingesetzt. Precobs aber berücksichtigt laut seinem Erfinder nicht nur statistisches Datenmaterial sondern auch psychologische Profile von Tätern.
In der Tat kann man dem IfmPt zustimmen, dass die “Polizeiarbeit der Zukunft” begonnen hat. Insgesamt reiht sich dieser Trend in eine Entwicklung ein, die vor vielen Jahren begonnen hat: Durch softwarebasierte Prognoseverfahren werden Entscheidungsgrundlagen für Mitarbeiter und Entscheidungsträger in Verwaltung und Unternehmen geschaffen.