Bisher kannte man den Vorgang nur aus Science-Fiction- oder Horrorfilmen: Das Verpflanzen eines Kopfes auf einen anderen menschlichen Körper. Wenn es nach einem italienischen Chirurgen geht, könnte die Vorstellung schon bald Realität werden.
Sergio Canavero, Neurochirurg aus Turin und Vorsitzender der Denkfabrik Turin Advanced Neuromodulation Group, plant für 2017 erstmals den Kopf eines lebendigen Menschen auf den Körper eines Hirntoten zu transplantieren. Genauere Details sollen in wenigen Wochen auf einer Pressekonferenz folgen.
An Tieren wurde diese gewagte Operation häufiger angewendet. In der Sowjetunion wurden bereits in den 1960er Jahren Hundeköpfe transplantiert. In den 1990er Jahren versuchte man es mit Rhesusäffchen an der Case Western University in Cleveland. Das Stammhirn bleibt bei der Operation unbeschädigt, so dass Gesichtsreflexe, Herzfunktion, Riechen und Atmen möglich sind. In beiden Fällen lebten die Köpfe einige Tage weiter, ohne jedoch Kontrolle über ihre Körper zu haben. Dies lag daran, dass die Nervenfasern des Rückenmarks nicht mit dem Gehirn verbunden werden konnten.
„Ich denke, wir sind jetzt an dem Punkt, dass alle technischen Aspekte machbar sind“
Diese Hürde sei laut Canavero nun genommen worden: „Ich denke, wir sind jetzt an dem Punkt, dass alle technischen Aspekte machbar sind.“ Forscher der Uni Heidelberg haben vor einigen Jahren bereits erfolgreiche Experimente an querschnittgelähmten Mäusen durchgeführt wonach sich die Nervenfasern des Rückenmarks mit dem Gehirn der Mäuse verbunden haben, so dass die Mäuse innerhalb weniger Wochen wieder gehen konnten.
Mithilfe von Polyethylenglycol (PEG) konnte man dieses Problem lösen. Der Wirkstoffträger fördere das Zellwachstum, so dass die Nevenfasern zusammenwachsen. Bereits vor zwei Jahren hat der chinesische Neurochirurg Ren Xiaoping erfolgreich den Kopf einer Maus transplantieren können, ohne die oben erwähnten Nebenwirkungen
Diese, sowie die technische Entwicklung, ermöglichten eine erfolgreiche Transplantation am Menschen bereits in zwei Jahren. Die hochkomplexe und 10 Mio. € teure Operation soll von einem 100 Mann starken Ärzteteam durchgeführt werden und ca. 36 Stunden dauern.
Erst sollen dabei die Körper des Spenders und des Empfängers heruntergekhült werden damit gewährleistet werden kann, dass die Zellen möglichst lange ohne Sauerstoff überleben können. Wichtig sei es zudem, dass das Rückenmark sauber getrennt wird, so Canavero. Nach der Operation werde der Körper bis zu vier Wochen in ein künstliches Koma gelegt. Es wird erwartet, dass der Patient bereits nach dem Aufwachen reden kann und nach einer einjährigen intensiven Physiotherapie auch wieder gehen kann.
Als Freiwilliger für die Operation hat sich bereits der russische Programmierer Walery Spriridonov gemeldet. Seit seiner Geburt leidet er an der Werdnig-Hoffmann-Krankheit, die zu Muskelschwund und Organsterben führt. Er sieht den eindeutigen Pioniercharakter seines Vorhabens.
Tatsächlich könnte ein Erfolg der Operation bahnbrechend sein und weitreichende Folgen für die Bevölkerung haben, die gut durchdacht werden müssten. Kopftransplanationen könnten eine lebensverlängernde Maßnahme sein. Reiche könnten ihr Lebensspanne vervielfachen. Die Rolle des menschlichen Körpers als Ersatzteillager gerade in unterprivilegierten Entwicklungsländern weiter anwachsen.
Dementsprechend gibt es heftige Kritik am Vorhaben des italienischen Chirurgen. Für Experten, wie Veit Braun vom Diakonieklinikum in Siegen, stellt die Operation ein Ding der Unmöglichkeit dar: „Wenn ich ein Rückenmark vom Kopf abtrenne, dann ist das hin, und zwar ein für alle Mal.“ Kirchenvertreter appellierten an die Ethik. Sie heben hervor, dass Körper und Geist nicht trennbar seien. Allerdings war es Papst Johannes Paul II., der sich einst bei den US-amerikanischen Ärzten aus Cleveland nach der Machbarkeit der Operation erkundigte.