-von forgsight
Im vergangenen Jahr präsentierten niederländische Forscher den ersten künstlich hergestellten Hamburger – ein Rinderhackbällchen, für das kein Tier hat sterben müssen. Die Kühe haben es kaum gemerkt, als ihnen zwei Gewebeproben entnommen wurden. Forscher um Mark Post von der Universität Maastricht isolierten Stammzellen aus dem Muskelgewebe und ließen sie in einer Nährlösung zu vielen kleinen Muskelstreifen wachsen, die sie letztlich übereinander schichteten und mit Brotkrumen, Ei, Safran und Rote Beete-Saft zu einer Frikadelle brieten.
Im Prinzip erscheint die Herstellung von künstlichem Fleisch also machbar. Zwar hat dieser erste Klumpen noch rund 250.000 Euro gekostet, der Preis dürfte jedoch durch Prozessoptimierung erheblich sinken. Theoretisch könnten dann aus einer Handvoll Zellen zigtausend Tonnen Fleisch gezüchtet werden. Die Frage ist nur: Würden die Menschen es überhaupt essen wollen?
Der Schöpfer der ersten Labor-Bulette Mark Post ist davon überzeugt, zu groß seien die Vorteile. Eine Analyse der Universität Oxford hat ergeben, dass eine industrielle Herstellung von Laborfleisch im Vergleich zu herkömmlichem europäischemFleisch 99 Prozent weniger Land und je nach Tierart 7 bis 45 Prozent weniger Energie sowie 82 bis 96 Prozent weniger Wasser verbrauchen würde, die Einsparung von Treibhausgasen läge zwischen 78 und 96 Prozent. Außerdem bräuchte es keine Antibiotika, um das Fleisch gesund zu halten, Die Keimbildung könnte vielmehr genauüberwacht, die Zusammensetzung des Fleisches sogar gezielt variiert werden, um bestimmten kulinarischen oder gesundheitlichen Bedürfnissen zu entsprechen.
Für Mark Post ist die Antwort klar. Für den Verbraucher aber nicht unbedingt. Eine repräsentative Untersuchung dazu gibt es nicht, nur einige kleine Umfragen verschiedener Medien anlässlich der Hamburger-Präsentation. Laut diesen würden zwischen 63 und 75 Prozent Fleisch aus der Retorte zumindest probieren. Dennoch beschleicht viele ein Unbehagen, weil da ein Naturprodukt nun im Labor entstehen soll. Der Begriff „Frankenfleisch“ macht bereits die Runde.
Vielmehr, so die Lobby, sei künstliches Fleisch eher akzeptabel als eine Viehhaltung, wo Tiere am Fließband mit Tierresten und Medikamenten gemästet und am Endeim Akkord geschlachtet werden. Vor allem das daraus resultierende Billig-Fleischsollte durch das neue kultivierte Fleisch ersetzt werden. Regionale Spezialitäten und die ökologisch extensive Viehwirtschaft dagegen könnten bleiben. Und damitNutztierhaltung weiterhin eine Perspektive haben. (handelsblatt)