25 Jahre Deutsche Einheit: Ostdeutschland ist mehr als Sachsen

Pöbelnde Mobs in Sachsen im Lichte der Flüchtlingskrise. Ganz Deutschland zeigt mit dem Finger auf das ostdeutsche Bundesland. Dabei liegt die Wiedervereinigung  erst 25 Jahre zurück. Das ist wenig Zeit. Trotzdem können auf große Erfolge geblickt werden.  Das zeigt die Sonderauswertung des Bundesamts für Statistik anlässlich des Jubiläums. Tagesschau hat dazu eine informative Animation entwickelt.  (Foto: Torsten Schmeling)

Mit dem Mauerfall am 9. November 1989 wurde der Grundstein für die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gelegt. Bis dahin haben die Menschen auf beide Seiten der Grenze 40 Jahre in grundlegend unterschiedlichen Verhältnissen gelebt.

Die Statistiken über die Lebensverhältnisse heute zeigen, dass auch nach 25 Jahren der Wiedervereinigung einige Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland existieren. Es gibt aber auch Fortschritte. Dazu hat das Bundesamt für Statistik eine Sonderauswertung veröffentlicht, die nicht nur Unterschiede sondern auch die Gemeinsamkeiten von Ost- und Westdeutschland dokumentieren.

Wichtige Wegmarken zu einem besseren Verständnis

In dieser schreibt der Präsident des Bundesamts für Statistik, Roderich Egeler: “Wichtige Wegmarken, die die Angleichung zwischen Ost und West dokumentieren, werden ins Blickfeld gerückt, ohne die verbleibenden Unterschiede aus den Augen zu verlieren. Die Publikation kann eigene Eindrücke vom wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenwachsen der 40 Jahre lang getrennten Gebietsteile nicht ersetzen. Aber sie kann zu einem besseren Verständnis für die Situation und die Lebensbedingungen im jeweils anderen Teil Deutschlands beitragen.”

Ost- und Westdeutschland auf 119 Seiten in fünf Kapitel

Die Sonderauswertung zeigt in fünf Kapiteln zahlreiche Statistiken auf, die 25 Jahre Wiedervereinigung auf den Punkt bringen. Hier sind einige Schlagzeilen aus der Publikation:

Bevölkerung:

  • Die neuen Länder haben nach der deutschen Vereinigung mehr als zwei Millionen Menschen verloren.
  • Die Abwanderung aus dem Osten lässt immer weiter nach – Ältere wandern verstärkt nach Ostdeutschland.
  • In Ostdeutschland schreitet die Alterung der Gesellschaft schneller voran.
  • In den alten Ländern und Berlin ist der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung erheblich höher als in den neuen Ländern.
  • Das Familienmodell „Ehe“ geht bundesweit zurück – es gibt mehr unverheiratete Eltern und Alleinerziehende.

Wirtschaft:

  • Die Wirtschaftsleistung in den neuen Bundesländern hat deutlich aufgeholt.
  • Die Wirtschaftsstrukturen in Ost und West gleichen sich an: Dienstleistungen auf dem Vormarsch.
  • Die Industrie in Ostdeutschland holt nach tiefem Einbruch wieder auf.
  • Strukturwandel in der Landwirtschaft: Konzentrationsprozess in den alten Ländern, Fortbestand großer Betriebe in den neuen Ländern.
  • Infrastruktureinrichtungen, zum Beispiel im Verkehrs- und Wissenschaftsbereich, sind in den neuen Ländern stark ausgebaut worden.

Arbeitsmarkt:

  • Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte 2013 wiederholt ein Rekordniveau – in Westdeutschland lag sie über dem Niveau von 1991, in Ostdeutschland darunter.
  • Die durchschnittliche Arbeitszeit je Erwerbstätigen entwickelte sich rückläufig – bei einem höheren Niveau in Ostdeutschland.
  • Seit der Deutschen Einheit ist die atypische Beschäftigung bundesweit gestiegen; sie geht in jüngster Zeit allerdings wieder zurück.
  • Die Arbeitslosigkeit ist in den letzten zehn Jahren zurückgegangen.
  • In Ostdeutschland ist die Arbeitslosenquote zwar nach wie vor höher, der Abstand zwischen den Quoten ging in den letzten Jahren aber zurück.

Materielle Lebensbedingungen:

  • Die Verdienstunterschiede zwischen Branchen und Regionen sind beträchtlich.
  • Soziale Mindestsicherung: Ältere Menschen derzeit relativ selten betroffen, Kinder dagegen häufiger.
  • Wohnungsneubau: Die „Speckgürtel“ um die (Groß-)Städte sind gewachsen. Immer mehr Wohnfläche: Pro Person stehen 46 m² Wohnfläche zur Verfügung, Tendenz steigend.
  • Die häufigste Form des Immobilienbesitzes ist das Einfamilienhaus – auch in Ostdeutschland.

Lebensqualität:

  • In allen Bundesländern ist ein Trend zu höherer Bildung zu verzeichnen.
  • Übergewicht und Rauchen sind gravierende Gesundheitsrisiken.
  • Angehörige und ambulante Pflegedienste sind die tragenden Säulen bei der Versorgung pflegebedürftiger Personen.
  • Der Anteil der Stromerzeugung aus regenerativen Energien ist in den letzten zehn Jahren in allen Bundesländern erheblich gestiegen.
  • Stadtstaaten haben den größten Anteil an Erholungs- und Wasserflächen.
  • Die Wahlbeteiligung geht gegenüber der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl in allen Bundesländern zurück.

Die Ergebnisse der Sonderauswertung hat die Tagesschau in einer Animation zusammengefasst.