Verteidigungsministerin stellt neues Weißbuch der Bundeswehr vor

Vergangene Woche hat Verteidigungsministern Ursula Von der Leyen in Berlin das neue Weißbuch der Bundeswehr präsentiert. Es gibt die sicherheitspolitische Lage der Bundesrepublik und verbündeter Staaten wieder. Aufgrund der heiklen geopolitischen Lage, wird die Bundeswehr in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen müssen. (Foto: cn)

 

 

-von forgsight

 

 

Islamischer Staat, Cyberwar, Ukrainekonflikt, Drohnen. Die Geopolitik hat sich seit dem letzten Weißbuch von 2006 stark verändert. Musste Bundespräsident Horst Köhler vor fünf Jahren noch sein Amt als Bundespräsident räumen, nachdem er behauptet hatte, die Bundeswehrtruppen am Hindukusch in Afghanistan würden auch deutsche Interessen vertreten, scheint es nun so, dass sich Deutschlands Führungsverantwortung in der internationalen Staatengemeinschaft weiter manifestiert.

Der Einsatz militärischer Mittel ist, wie schon 2006 “ultima ratio”, also letztes Mittel. Damals schon wurde die Kompetenz der Bundeswehr im Ausland stark erweitert, was für viele als verfassungswidrig angesehen wurde. Allerdings war dies konform mit einer Veröffentlichung zur Europäischen Sicherheitsstrategie des Europäischen Rates von 2003.

So heißt es: “Der Prozess der Globalisierung erfasst weltweit alle Staaten und Gesellschaften. Die Entfaltung und zunehmende Vernetzung internationaler Handels-, Investitions-, Reise-, Kommunikations- und Wissensströme eröffnet in erster Linie neue Chancen. Deutschland, dessen wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse an einem friedlichen Wettbewerb der Gedanken, an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen. […] Deutschland hat aufgrund seiner immer engeren Verflechtung in der Weltwirtschaft besonderes Interesse an internationaler Stabilität und ungehindertem Warenaustausch. […] Verwerfungen im internationalen Beziehungsgefüge, Störungen der Rohstoff- und Warenströme, beispielsweise durch zunehmende Piraterie, und Störungen der weltweiten Kommunikation bleiben in einer interdependenten Welt nicht ohne Auswirkungen auf die nationale Volkswirtschaft, Wohlstand und sozialen Frieden. […] Energiefragen werden künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen. […] Deutsche Sicherheitspolitik muss auch Entwicklungen in geografisch weit entfernten Regionen berücksichtigen, soweit sie unsere Interessen berühren. […] Deutsche Sicherheitspolitik beruht auf einem umfassenden Sicherheitsbegriff. Risiken und Bedrohungen muss mit einem abgestimmten Instrumentarium begegnet werden. Dazu gehören diplomatische, wirtschaftliche, entwicklungspolitische, polizeiliche und militärische Mittel, wenn geboten, auch bewaffnete Einsätze. Letztere sind mit Gefahren für Leib und Leben verbunden und können weit reichende politische Folgen nach sich ziehen.“

Die Erarbeitung eines neuen Weißbuchs seien im Zuge neuer Konflikte in Osteuropa und im Nahen Osten notwendig geworden, so von der Leyen. Das Verteidigungsministerium wolle in Zukunft vermehrt auf Kooperation setzen. Sollen das Auswärtige Amt, das Ministerium für Entwicklungshilfe, das Kanzleramt, sowie wissenschaftliche Institute mit den Schwerpunkten Außen- und Sicherheitspolitik eingebunden werden.

Stand in jüngster Vergangenheit das Bundesheer in der Kritik, weil zum Beispiel Kampfjets nicht einsatzfähig waren, sehen Experten, wie Howard Niblett vom Institut Chatham House, diese so genannte militärische “Hard Power” nicht mehr als sonderlich vordergründig an. Er sieht Deutschland als “große Mittelmacht”, aufgrund seiner starken Wirtschaft, seiner politischen Stabilität und seiner Rolle in Europa. Die Bundesrepublik habe mindestens genausoviel Macht, wie Großbritannien oder Frankreich, obwohl diese ständige Mitglieder es UN-Sicherheitsrats sind und über Atomwaffen verfügen.

Er und andere Experten, wie der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Dr. Volker Perthes, sehen Deutschland als Ordnungsmacht. Einerseits habe die Bundesrepublik stark von einer stabilen globalen Ordnung profitiert, andererseits setze man sich politisch stark dafür ein, dass eben diese Ordnung erhalten bleibt. Gerade weil die BRD nicht im Sicherheitsrat sitzt, muss sie keinem globalen Verantwortungsanspruch gerecht werden und ist somit unabhängiger bei Verhandlungen als Mediator, wie vergangene Woche in Minsk.

Da die militärischen Kapazitäten der Bundeswehr, wie oben schon angesprochen relativ begrenzt sind, soll alles effektiver und verflochtener gemacht werden. Vielmehr werde sich die Bundeswehr an verlegbaren und multinationalen Brigaden beteiligen. Experten sind sich jedoch sicher, dass der Militärhaushalt deutlich steigen werde.

Das Weißbuch kann auch als Antwort auf russisches Machtstreben interpretiert werden. Wo Rußland 2006 noch als “herausgehobener Partner” bezeichnet wurde, wolle man nun eine Antwort geben auf “geostrategische Machtpolitik und militärische Gewalt als Form der Interessensdurchsetzung” (Bundesministerium für Verteidigung/ Handelsblatt-Online/ FAZ)