Das Land der Dichter und Denker. Wenn es nach akademischen Graden zugeht mag das für die Bundesrepublik durchaus zutreffen. Allerdings ist Vorsicht geboten. Immer mehr Doktorvorhaben werden nicht beendet. Dafür gibt es mehrere Gründe. (Foto: rtr)
-von forgsight
Gute Noten, eine gute Idee und eine flexible Einteilung der Arbeit. Die Voraussetzungen für eine Promotion in Deutschland sind vermeintlich gut – auch ohne Ghostwriter. So wurden laut OECD hierzulande 27.000 Doktorgrade verliehen. Nur in den USA sind es mehr. Wie viele Doktorarbeiten allerdings angefangen wurden und letztendlich nicht beendet wurden, war bisher nicht bekannt.
Nun haben sich Wissenschaftler der Otto Guericke- Universität in Magdeburg mit diesem Thema befasst. Sie haben die Fälle von 25 ehemaligen Promovierenden untersucht um Gründe für die Beendigung einer Promotion zu finden. Dass schon allein das Finden von Kandidaten nicht so einfach ist, hat sich dadurch gezeigt dass Universitäten Abbrecher in ihren Datenbanken nicht erfassen. Erst durch Kooperation mit Stiftungen und Organisationen, die Studierende bei ihrer Promotion unterstützten ergab sich ein klares Bild.
Deutlich wurde, dass Promotionsabbrüche in allen Fachrichtungen vorkommen. Auch gibt es keine bestimmte Konzentration in der Art der Hochschule (Uni, FH etc.). Ebenso gibt es nicht nur DEN einen Grund, sondern mehrere. Interessant ist auch, dass es ebenfalls kein gemeinsames Ereignis zu einem besonderen Zeitpunkt gibt, was zum Abbruch führt. Die Gründe für einen Abbruch sind jedoch vielseitiger Natur. Am häufigsten wurden unzureichende Finanzierung, unsichere Berufsperspektive, mangelnde Betreuung durch den Doktorvater bzw. die Doktormutter, aber auch Hindernisse beim wissenschaftlichen Arbeiten, zum Beispiel durch Probleme mit der Datenerhebung und natürlich auch die zusätzliche Arbeitsbelastung, wenn man parallel zur Doktorarbeit mit Stress im Berufsleben oder Privatleben zu kämpfen hat, wenn es unter anderem auch darum geht die Kinder zu betreuen.
Viele Kandidaten scheitern dabei an ihren Idealen. Wenn sie motiviert und voller Kreativität an die Arbeit herangehen, das Rad quasi “neu erfinden wollen” in ihrem Themenfeld und dann auf starre Strukturen treffen und merken, dass das Thema schon hinreichend bearbeitet wurde oder aber widersprüchlich ist. Das Thema quasi frei zu bearbeiten ist praktisch nicht gewährleistet, da sie sich an die Methodik halten müssen und die Meinungen anderer miteinfließen lassen müssen. Hinzu kommt das Phänomens, des “sich selbstbelügens”, wenn es darum geht eigene bescheidene Ergebnisse als bahnbrechend darzustellen oder Ergebnisse, die die eigene These nicht untermauern einfach zu ignorieren. Wenn dazu noch finanzielle Sorgen hinzukommen, ist die Motivation die Doktorarbeit fortzuführen gering. Auch die Wissenschaftswelt ist mittlerweile Leistungsorientiert, wie ein Unternehmen. Werden Deadlines nicht eingehalten, wird es eng. Dies führt für viele zu Frustrationen und für viele zur Frage ob der sofortige Eintritt ins Berufsleben nicht doch die bessere Alternative sei.
Dass es für viele nicht einfach ist, sich von der Doktorarbeit endgültig loszusagen, zeigt die Spanne zwischen Beginn und Abbruch. Meistens sind dies mehrere Jahre. (duz/ forgsight)