Hohe Studiengebühren sind in Deutschland eher eine Seltenheit. Wer dennoch bereit ist hohe Studiengebühren an einer Privatuni zu zahlen, stammt häufig aus einer gut situierten Familie. Um diesen Faktor zu umgehen haben sich nun Studenten der privaten Universität Witten-Herdecke eine innovative Idee einfallen lassen. (Foto: cihan)
– von forgsight
Wer an der privaten Universität im Ruhrgebiet studieren will, muss tief in die Tasche greifen. Bis zu 48.000€ kostet komplettes Studium. Studiengänge im Bereich Zahnmedizin oder Management ließen die schlauen Studenten schon frühzeitig gutes Geld verdienen nach dem Studium. Wer das Geld für die Gebühren nicht aufbringen konnte, der hatte die Möglichkeit der Universität – sofern man denn über ein gewisses Jahressalär verfügt – einen Teil des Monatseinkommens über einen Zeitraum von zehn Jahren abzubezahlen. Also ähnlich, wie beim Bafög. Wie viel man bezahlt, hängt vom Monatseinkommen ab.
Studenten der Universität sind nun der Ansicht, dass das bisherige Konzept antiquiert ist und haben sich Gedanken gemacht, wie man es verbessern könnte. Niclas Becker, 31 und Vorsitzender für Finanzen der Studentenschaft, hatte eine Idee, die schon bald landesweit Schule machen könnte. Was wäre, wenn man jeden Studenten als Kapitalanlage ansieht? Wenn Anleger zum Beispiel an eine besonders talentierte Erna Müller im Fach Medizin glauben, warum sollten sie sie nicht unterstützen und eventuell Anteil an ihrer Karriere bzw. ihrem finanziellen Erfolg haben? Denkbar wäre, dass die Studentinnen und Studenten wie Wertanlagen an der Düsseldorfer Börse gehandelt werden.
Die Idee hat Erfolg. Bereits Ende November waren alle Anlagen verkauft. Neu ist die Idee nicht. Im Prinzip funktionieren viele Stipendienprogramme ähnlich. Wenn man vom Potenzial einer Kandidatin bzw. eines Kandidaten überzeugt ist, fördert man sie oder ihn finanziell. Einziger Unterschied: Für die Stiftung springt am Ende kein Profit bei raus.
In Witten kann man so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Einerseits kann man den klammen Studenten so das Studium ermöglichen, andererseits kann man selbst ein Haushaltsloch stopfen. Die Uni soll bis 2020 von 1700 auf 2500 eingeschriebene Studenten anwachsen, so dass 26 Millionen Euro benötigt werden. Eine Summe, die die selbst sehr klamme Universität nicht abdecken und selbst über Bankkredite nur schwerlich finanzieren kann.
Die Studenten der Uni haben zuerst potenzielle Investoren angefragt, ob sie denn bereit wären in die Kapitalanlage „Student“ zu investieren. Das Ergebnis sei durchaus positiv. 3,6 Prozent Zinsen bringe ein Student jährlich. Durch die Anlagenform seien so 7,5 Millionen Euro zusammengekommen. Allerdings berge das Modell auch Risiken. So gäbe es „keine oder nur geringe Rückzahlung von Finanzierungsbeiträgen aufgrund allgemeiner Lebensrisiken der Studierenden…[und] Risiken im Zusammenhang mit der Universität Witten/ Herdecke“, wie es in einer Risikostudie über die Anleihe heisst.
Vorbilder des Konzepts stammen unter anderem aus der Schweiz und aus München. In der Alpenrepublik gibt es bereits die so genannte „Studentenaktie“, wo Anleger in einen oder mehrere Studenten investieren können und anschließend am Einkommen beteiligt werden. In München bietet ein Finanzdienstleister an, Studenten von privaten Hochschulen zu rentabel zu fördern.
Laut Experten, wie Dieter Dohmen vom privaten Beratungsinstitut Fibs, hielten sich derlei Modelle nicht lange. Er bezeichnet sie als „Nieschenprodukte“. Die Wahrscheinlichkeit der Rentabilität sei zu gering, da Investoren nur bei den wenigen Studenten tatsächlich Profit machen könnten, die tatsächlich hohe Gehälter erzielen. Er erwartet, dass sich Investoren langfristig auf Maschinenbauer und Betriebswirte fokussieren, als auf Geisteswissenschaftler.(SPON/ Uni Witten-Herdecke/ forgsight)