Schülerstreiche und Konkurrenzgehabe zwischen Schulen gehören zur Schultradition. Der Abikrieg in Köln allerdings hat eine Grenze überschritten. Haben soziale Netzwerke dabei eine Rolle gespielt? (Foto: YouTube)
Zu einer vollkommenen Erinnerung an die Schule gehören die Schülerstreiche. Den Stuhl des Lehrers mit Klebstoff bearbeiten, Kondom in seine Schublade ablegen oder den Tafel-Schwamm mit Farbstoff präparieren. Klassenausflüge sind genauso gute Gelegenheit für Streiche gegen Lehrer und Mitschüler wie das Ende der Oberstufenzeit.
Auf den meisten Schulen mit Oberstufe herrscht dann Narrenfreiheit für die Abiturienten, die den Stress Abi-Prüfungen an den Lehrern abarbeiten können. Da werden die Lehrer mal in den Knast eingesperrt, müssen selber eine Prüfung ablegen oder werden mit Wasser und Mehl beworfen.
Spaß, der eskaliert
Alles Spaß. Alles ist lustig und gehört nicht nur seit Jahrzehnten sondern auf fast allen Schulen der Welt zur Schultradition. Filme über ungehorsame Klassen, die Schülerstreiche gegen Lehrer, Mitschüler und konkurrierende Schulen spielen, gab es nicht nur in Deutschland, Frankreich, England, in der Türkei oder in den USA.
Doch jeder Spaß kann eskalieren. Das beweisen gerade Abiturienten einiger Gymnasien in Köln. In der so genannten “Höllenwoche”, die sich an die Tradition amerikanischer High-Schools orientieren will, spielen die Abiturjahrgänge verschiedener Schulen Streiche. Seit drei Jahren geht es so. Aus markigen Sprüchen, Wasserpistolen und Wandschmierereien ist jetzt – plump formuliert – Schädelbruch geworden.
Wie konnte es überhaupt dazu kommen?
In der Nacht zum Dienstag gingen 200 Schüler vor einem Gymnasium aufeinander los. Eier, Wasserbomben und Farbbeutel waren offenbar nicht die einzigen Waffen. Es kamen auch Feuerwerkskörper zum Einsatz. Das Ergebnis: Zwei schwerverletzte 18jährige, die jetzt in der Klinik liegen.
Inzwischen distanzieren sich die Schüler von den Ereignissen und verurteilen die Gewalt. Doch es drängt sich die Frage auf, wie es überhaupt dazu kommen konnte.
Eine Rolle scheinen die sozialen Medien gespielt zu haben. Zur Inszenierung der Höllenwoche haben Schüler verschiedene Videos produziert, die Hollywood-reif sind. Für Musik, Dramatik, Kostüme und Drehbuch hätten sie alle eine eins verdient.
Letzte Affen
Doch auf das Video folgte ein anderes Video als Antwort. Noch mehr Dramatik, noch mehr Drohgebärden. Unter den Kommentaren von Facebook und Instagram kochte die Auseinandersetzung scheinbar hoch. Der Abikrieg in Köln zeigt eindrucksvoll, wie Kreativität, für die soziale Medien viele Möglichkeiten bieten, und Zerstörungswut so dicht beieinanderliegen können.
Mit einer Sache haben die Abiturienten auf jeden Fall Recht. Am Ende eines Videos zitieren die Schüler Erich Kästner, der Namenspatron ihrer Schule ist: “Die ersten Menschen waren nicht die letzten Affen!” Den Beweis dafür haben die Kölner Abiturienten selber erbracht.