Huffington Post: Redaktion für Clickbaiting aufgelöst

Die Internet-Institution Huffington Post wird vielfach kritisiert. Dabei zeigt sie einen Lösungsweg, wie Medien im Internetzeitalter funktionieren könnten. Doch es ist einfacher, Mauern statt Windmühlen zu bauen. 

Huffington Post ist umstritten. Die Onlinezeitung aus den USA, die 2005 gegründet wurde, hat in vielen Ländern nationale Ableger platziert. Die deutsche Ausgabe ist 2013 erschienen und erreicht mittlerweile vier Millionen Leser im Monat. Das ist beachtlich.

Der Onlinezeitung wird vorgeworfen, mit reißerischen und aufgeblähten Schlagzeilen die Leser zu bewegen, auf den Link zu klicken. Clickbaiting nennen Fachleute diese Maßnahme, was im Deutschen “Klickköder” heißt. Im Netz kann man zahlreiche Fallbeschreibungen finden, die das Clickbaiting von Huffington Post dokumentieren.  

Clickbaiting als Geschäftsmodell

Doch diese – nennen wir es an dieser Stelle – Hinterlistigkeit alleine erklärt den Erfolg dieses Zeitungsformats nicht. Eine weitere fundamentale Kritik lautet nämlich, dass Huffington Post freie Journalisten und Blogger kostenlos arbeiten lässt. Auf der einen Seite gewinnt Huffington Post eine hohe Reichweite durch Clickbaiting, andererseits aber spart es bei den Personalausgaben.

Entsprechend groß ist die Empörung durch den Deutschen Journalisten Verband (DJV), der eine Art Gewerkschaften für die Interessen professioneller Journalisten ist. Neben den fehlenden Honoraren kritisiert DJV auch die Qualität der Inhalte. “Huffington Post ist ein Schmierenblatt” zitiert DJV auf ihrer eigenen Webseite den Fernsehmoderatoren Jean Pütz.

In Deutschland baut man gerne Mauern

Ich kann verstehen, dass Professionelle, die mit Journalismus ihr Geld verdienen, sich über das Geschäftsmodell von Huffington Post beschweren. Gute Arbeit sollte auch gut bezahlt werden. Damit soll nicht nur der Lebensunterhalt der Profis sondern auch die Qualität von Inhalten gewährleistet werden. Trotzdem habe ich meine Schwierigkeiten für diese vielfachen Kritiken.

Fakt ist, das Internet und die sozialen Medien setzen die Medienbranche unter Druck – und nicht Huffington Post. Vielmehr demonstriert diese Onlinezeitung einen möglichen Lösungsweg mit diesem Druck umzugehen. Ein bekanntes chinesisches Sprichwort sagt: “Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.” Und in Deutschland baut man gerne Mauern.

Auf die Debatte rund um Huffington Post bin ich aufmerksam geworden, als Stefan Matthes, Chefredakteur der Onlinezeitung, gestern erklärte, dass die Redaktion aufgelöst wird – und auf Tour geht. Die Idee dahinter war, statt sich von gehypten Themen treiben zu lassen, möchte es mit Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet über ihre Wünsche und Sorgen sprechen. Dafür wurden die Redakteure, Volontäre und Praktikanten in alle Himmelsrichtungen entsandt. Kaum ist der Beitrag erschienen, schon meldeten sich die ersten Hater.

Flüchtlinge, Flüchtlinge, Flüchtlinge…

Dabei ist die Aktion eine geniale Idee, wie ich finde. Denn Monat für Monat hören die Menschen in diesem Land ständig dieselben Nachrichten. Heute sind es Flüchtlinge, Flüchtlinge und Flüchtlinge. Davor war es Griechenland, Griechenland und Griechenland. Und davor war es Ukraine, Ukraine und Ukraine. Themen, Meinungsmacher und Argumente haben sich wiederholt, wiederholt und wiederholt.

Die Initiative von Huffington Post ist in diesem Lichte nicht nur erfrischend sondern auch sympathisch. Auf das Ergebnis kann man gespannt sein.

Apropos Clickbaiting. Was ist der Unterschied zu den Zeitungen, die durch reißerische Schlagzeilen den Verkauf ihrer Zeitungen ankurbeln wollen und den verführerischen Überschriften in Online-Medien, die die Leser zum Link-Klicken animieren möchten? Ich sehe da wenige Unterschiede. In beiden Fällen geht es um Reichweite und Umsätze – nur mit anderen Mitteln eben.