Zukunft des Liberalismus‘: Gelb oder Nicht-Gelb?

„Anlässlich eines Vorwurfes ‚zu liberal‘ oder ‚allzu ultra-liberal‘ zu sein, habe ich im ersten Moment die Liberalität binär gesehen: man ist liberal oder man ist es nicht! Ja oder Nein! Schwarz oder Weiß!“ – Gedanken vom streitbaren Kämpfer für den Liberalismus und FDP-Mitglied Tim Beil über die Zukunft des Liberalismus in Deutschland. 

Bei etwas Nachdenken ist mir aufgefallen, dass es doch nicht so einfach ist, wie es auf dem ersten Blick erscheint: Fast jeder Liberale hat auch ein paar Stellen, Themen, Erkenntnisse, die man nicht liberal nennen kann. Also kann es nicht darum gehen, beim kleinsten Sprenkel einer anderen politischen Ansicht plötzlich kein Liberaler mehr zu sein. Es gibt also viele „weitgehend“ Liberale, die auch andere, unliberale Ansichten vertreten. Leider ist keiner absolut liberal.

Auf der anderen Seite stehen Leute, die sich  – aus welchen Gründen auch immer – selbst „Liberale“ nennen. Wie kann man dazwischen ein paar Grenzlinien ziehen? Die Mitgliedschaft in einer bestimmten Partei ist leider kein belastbares Kennzeichen.

Ein politischer Kandidat für den Liberalismus muss…

Besonders wichtig sehe ich an, wie schnell und oft ein Kandidat …

  • nach dem Staat und seinen Schergen ruft, um Probleme zu lösen, die sich auch ohne Staat lösen lassen;
  • von weiterer Regulierung der Märkte spricht, statt Märkten sichere und stabile Rahmenbedingungen zu bieten;
  • sich vor allem für „Bindestrich“-Gerechtigkeit und für eine umfassende Gleichheit einsetzt;
  • unfähig zum kritischen Dialog ist, andere Ansichten nicht erträgt oder duldet;
  • sich auf eine Koalition oder sogar Fusion mit konkurrierenden Parteien ausspricht statt die Eigenständigkeit der FDP zu betonen;
  • vom Staat und dessen (finanziellen) Interessen aus argumentiert statt von den Bürgern aus zu denken;
  • bekannterweise unsoziale und ungerechte Subventionen, „Hilfen“ oder „Förderungen“ fordert, einführt, duldet oder ausbaut statt diese umgehend und gründlich abzuschaffen;
  • erst wachsweich und schwammige Ziele formuliert, diese beim ersten Widerstand aufgibt und fallen lässt;
  • nur von (fehlender) Sicherheit und Risiken spricht, ohne gleichzeitig die Chancen und die Möglichkeiten zu betonen, die es auch geben muss;
  • die Bürger und speziell niedrigqualifizierte Arbeitnehmer für dumm und unfähig hält, ihr eigenes Leben in Würde zu gestalten;
  • freiwillige Tauschgeschäfte und „Spekulanten“ für gierig und ausbeutend hält;
  • den Menschen Angst macht oder mit Ungemach androht, ohne konkrete Vergleichszahlen zu liefern;
  • aus Mangel an Sachargumenten auf eine persönliche Verunglimpfung ausweicht;
  • einen Gesprächspartner oder Diskussionsgegner als Teil einer Gruppe darstellt („Sie und Ihre Partei haben doch …“).
Dann räume ich der Freiheit absoluten Vorrang ein

Es ist m.E. von niemanden die Angelegenheit, zu keiner Zeit oder an keinem Ort eine „Grenze“ festzulegen, was zu liberal ist oder auch nicht. Ich meine sogar, dass Liberalismus schwerlich begrenzt werden kann. Ich habe über den Liberalismus viele Bücher gelesen und einige Gespräche geführt. Ich stelle immer wieder für mich persönlich fest, dass ich meine eigene Überzeugungen prüfe, verändere und manchmal auch ausweite. Wenn ich beispielsweise erkenne, dass etwas bisher festgezurrt, reglementiert oder verboten ist, es aber gar nicht sein müsste, dann räume ich der Freiheit absoluten Vorrang ein.

Ein Beispiel: Früher habe ich automatisch und unreflektiert akzeptiert, welche Aufgaben und Tätigkeiten der deutsche Staat zur Zeit übernimmt, um in das Leben der Bürger einzugreifen. Dann ist mir aufgefallen, dass einige Aufgaben früher gar keine staatlichen Aufgaben waren, sondern erst vor Kurzem dazu gemacht wurden – warum auch immer. (BEISPIEL?)

Heute ist mir sehr bewusst, dass wir

  1. dem Staat bereits sehr, sehr viele Aufgaben übertragen haben, die er gar nicht machen muss und auch nicht gut erledigt. M.E. ist er sogar unflexibel, sehr langsam und sehr teuer.
  2. viele der Politiker Tag für Tag immer weitere Aufgaben für den Staat erfinden, um dann die Steuern dafür zu erhöhen. Schließlich müssen diese Aufgaben auch bezahlt werden.
Mit weniger Staat leben, ist möglich

Als ein liberaler Bürger dieses Landes sehe ich mich aufgefordert, veranlasst und berechtigt, jede einzelne Aufgabe des Staates, die vom Bürger zwangsweise finanziert werden soll, zu hinterfragen und zu kritisieren. Politische Denkverbote will ich dabei nicht akzeptieren. Man kann sicherlich diskutieren, wie viel Staat wir haben wollen. Es gibt tatsächlich in Deutschland noch Leute, die mehr und mehr Staat fordern, aber selbst dafür nicht bezahlen wollen. Alle anderen sollen dafür bezahlen.

Ich zähle mich zu den Leuten, die deutlich weniger Staatsaufgaben wollen und dementsprechend auch weniger bezahlen wollen. Ich halte es für möglich, mit weniger Staat besser zu leben. Ich halte es auch für sinnvoll, für besser, für sicherer.

 

PS.: Wenn Sie auch eine Meinung zum Thema haben, dann schreiben Sie sie auf, die auf forgsight.com veröffentlicht werden könnte. Ich freue mich auf Ihre Nachricht mit einem Entwurf oder Zusammenfassung Ihres Beitrags unterksezer@futureorg.de.