Reddit hatte für drei Tage eine digitale „Leinwand“ eröffnet, auf der jeder Nutzer ein einzelnes Pixel platzieren konnte. Die Leinwand füllte sich schnell, wobei kleine Gruppen lernen mussten zusammenzuarbeiten oder rivalisierende Teams zu verdrängen. Dabei wurde die Leinwand mit der Zeit strukturierter, wobei die Kunstwerke zum Überleben voneinander abhängig wurden – besonders, als der Platz auf der Leinwand verknappte.
Die Ergebnisse bestätigen die Sichtweise, dass kultureller Wandel einer Logik folgt, die biologischer Anpassung ähnelt. Erfolgreiche Individuen sind gut darin, ihre Territorien zu verteidigen, aber Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg. „Es ist ein wenig wie bei Bakterien in einer Petrischale“, sagt Autor Thomas Müller. „Mit begrenztem Platz und Ressourcen bilden die Kunstwerke letztendlich eine Art stabiles Ökosystem.“
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Zur Kultur gehört auch der Nationalstolz in seinen verschiedenen Facetten: So setzten viele Nutzer ihre Flaggen und verteidigten ihr digitales Territorium gegen Invasoren. Sogar ein „Krieg“ zwischen den Abbildungen der deutschen und der französischen Flagge brach aus, wobei dieser durch den Kompromiss einer EU-Flagge ein Ende fand. „Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Koexistenz rivalisierender Gruppen in adaptiven graphischen Strukturen widerspiegelt“, sagt dazu Co-Autor James Winters. „Als ob man sagen würde ‚Wir kommen getrennt besser aus als miteinander, aber wenn du einen Teil von mir beschützt und ich einen Teil von dir, werden wir insgesamt beide sicherer sein.”
Anhand dieses Experiments ist zu sehen, dass Abläufe, Handlungen allgemein, früher oder später immer eine gewisse Systematik finden. Was aus der Willkür der einzelnen Pixel entstand war ein Kunstwerk, in dem sich sogar Gruppen formierten und miteinander konkurrierten. Entsprechend muss nicht immer eine Lösung vorgegeben werden, eine im Voraus gewählte Methode nicht immer richtig sein. Stattdessen kann aus einer Problemstellung heraus ein Weg gefunden werden. Nicht umsonst verhält es sich oftmals willkürlich mit technischen Meilensteinen der menschlichen Geschichte.
So war das Penicillin, die Grundlage für das Antibiotikum eine zufällige Entdeckung. Oft hat man zwar eine gewisse Idee, eine Richtung im Kopf, doch Offenheit für das Ausprobieren und Scheitern kann Wunder wirken. Denn der Fehler, genauer die Mutation, ist der Evolution antrieb. Die Ding im Rahmen von Experimenten ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten entdecken lassen sollte man daher immer in Betracht ziehen, dabei Beobachten und lernen – Innovationen zulassen. (pm/mez/mpg/forgsight)
Diplom-Sozialwissenschaftler, Geschäftsführer von futureorg Institut - Forschung und Kommunikation für KMU
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