Wirtschaftsstudenten fordern Veränderung beim Unterricht der Volkswirtschaftslehre

Studenten aus 19 verschiedenen Ländern diskutieren darüber, ob Wirtschaftslehre, wie sie bisher an den Universitäten gelehrt wird, nicht an den Bedürfnissen weiter Teile der Gesellschaft vorbeigehe und auf die Probleme des 21. Jahrhunderts Bezug nehme. (Foto: Eddle Mullholland/ REX)

-von forgsight

Wirtschaftsstudenten aus 19 Nationen (darunter Großbritannien, USA, Rußland und Brasilien) haben sich zusammengeschlossen um die Art und Weise wie ihr Fach unterrichtet wird zu überprüfen. Ihr Urteil: Die gewaltige Verbreitung Theorien der freien Marktwirtschaft an Eliteuniversitäten begrenze die Leistungsfähigkeit der Weltbevölkerung den gegenwärtigen Herausforderungen der wirtschaftlichen Stabilitätt und des Klimawandels Herr zu werden.

In einem Brief an die englische Tageszeitung Guardian behauptet die International Student Initiative for Pluralist Economics (ISPE), dass sich die Wirtschaftslehre an Universitäten immer mehr von der realen Welt entferne, wenn sie wissenschaftliche Erkenntnisse anderer Disziplinen ausschließt. Die Initiative, die aus über 40 Protestbewegungen von renommierten Londoner Universitäten oder aus Cambridge hervorging, fordert deshalb einen wissenschaftlich breiteren Lehrplan. So fordern sie unter anderem eine intensive Analyse der Weltwirtschaftskrise von 2008 in den Hörsälen, welche schließlich von diversen Volkswirtschaftlern nicht vorhergesehen wurde.

Studenten der University of Manchester haben selbst einen Verein gegründet, der sich mit der Wirtschaft nach der Krise beschäftigt. In ihrem eigenen Manifest setzen sie sich für die Ernennung von Andy Haldane zum Vorstandsvorsitzenden der Bank of England ein. Haldane, gegenwärtig Direktor für wirtschaftliche Stabilität, sagte kürzlich selbst, dass Wirtschaftswissenschaftler vergessen hätten die Verflechtungen zwischen ihrer eigenen Disziplin und den Sozialwissenschaften zu erkennen, die eine komplexeres und saubereres Bild geben können, wie Wirtschaft funktioniert.

Dass es noch radikaler geht, zeigt Thomas Pilketty in seinem Bestseller “Das Kapital im 21. Jahrhundert”. In seinem Buch blickt er auf die vergangenen 200 Jahre wirtschaftlicher Entwicklung zurück und versucht Schlüsse für die nächsten hundert Jahre zu ziehen. Auch er attackiert die geläufige Lehre, indem er der Wirtschaftswissenschaftler unterstellt, sie berufen sich lediglich auf mathematische Modelle, ohne auf Indizien Rücksicht zu nehmen, wie wachsender Ungleichheit und den Einfluss dieser auf die Entwicklung auf das Bruttoinlandsprodukt. Wandel sei schwierig, behauptet er, aber die Initiative von Studenten auf der ganzen Welt gestalte diesen Wandel Schritt für Schritt.

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Englischer Artikel im Guardian

Thomas Pilketty: “Das Kapital im 21. Jahrhundert”