Eltern emanzipieren statt bevormunden. Das war eines der wesentlichen Ziele des Projekts „Bildungs-Brücken: Aufstieg!“. Denn Lehrer schätzen das Elternhaus oft falsch ein.
In der Bundesrepublik Deutschland leben viele verschiedene Menschen zusammen. Die unterschiedlichen Kontexte und Kulturen bilden das Gerüst einer funktionierenden und multikulturellen Gesellschaft, die immer mehr zusammenwächst. Eine solche Gesellschaft ist abhängig von einer erfolgreichen Bildungsarbeit, damit Kinder und Jugendliche die bestmögliche Ausbildung erhalten und die zukünftigen Gesichter unseres Landes werden.
Doch wenn alle jungen Menschen in Deutschland wirklich von den zahlreichen Bildungsangeboten profitieren sollen, brauchen vor allem die Eltern ein authentisches Werkzeug in den Händen, damit sie in der Praxis auf alle Fragen vorbereitet sind. Dies gilt für alle Eltern – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – gleichermaßen.
In professionell besetzten Elternforen Eltern ausbilden
Viele Eltern stehen immer öfter vor offenen Fragen, wenn es z.B. um die Themen Schule, Zweisprachigkeit, Erziehungskompetenzen oder den Umgang mit Lernstörungen und Medien geht. Deshalb hat sich das Projekt „Bildungs-Brücken: Aufstieg!“ etwas ganz Besonderes überlegt, das seinen Fokus auf die Eltern von Kindern zwischen 0 und 15 Jahren gelegt hat. In bundesweiten Elternforen werden Multiplikatoren, wie Pädagogen, Psychologen oder pädagogische Fachkräfte eingesetzt, damit sie die primäre Zielgruppe, die Eltern, weiter ausbilden können.
Denn das deutsche Schulsystem und viele determinierte Prozesse können nicht verändert werden. Deshalb plädiert Ursula Boos-Nünning, ehemals Professorin für Ausländerpädagogik, genau hierfür und setzt dort an, wo Lücken noch vorhanden sind. Als wissenschaftliche Leiterin für dieses Projekt setzt sie sich für eine aufgeklärte und qualifizierte Elternarbeit ein.
Diese Fachkräfte werden in der Praxis oft mit kulturellen oder religiösen Kontexten konfrontiert und wissen meist den souveränen Umgang mit bestimmten Situationen nicht. Defizite in diesen Bereichen lassen sich nicht durch sprachliche Mängel interpretieren, denn fachliche und soziale Aspekte spielen hierbei eine große Rolle.
Jeweils auf Türkisch, Russisch, Berberisch und Arabisch
Gemeinsam mit 15 weiteren Autoren aus der Praxis, darunter auch der Autor dieses Beitrags, wurden verschiedene Module verfasst und bald in den einzelnen Lernorten, Bildungseinrichtungen oder Elternforen etabliert. Die Elternforen stehen mit den verschiedenen Projektpartnern jeweils auf Türkisch, Russisch, Berberisch und Arabisch im Dialog und werden auch in diesen Sprachen umgesetzt, mit dem Ziel, dass auch Eltern mit Sprachlücken erreicht werden.
Es gibt viele Initiativen, die das Ziel eines kulturellen Dialogs suchen und umsetzen wollen. In der Schulpraxis gehen viele Schülerinnen und Schüler mit einer Migrationserfahrung verloren, da sie in einigen Bereichen Mängel aufweisen und die Lehrerinnen und Lehrer an feste Lehrpläne gebunden und somit gezwungen sind, das eigentliche Programm durchzunehmen. Genau an dieser Stelle greift „Bildungsbrücken“ ein.
„Schwaches Elternhaus, Elternhaus mit Desinteresse…“
Dieses Projekt strebt also nicht danach, Kinder und Jugendliche direkt zu erreichen oder die Lehrpläne mit kulturellem Bildungswesen zu erweitern. Das Projekt setzt genau an der Stelle an, die in unserer Gesellschaft am meisten außer Acht gelassen wird und häufig in der Schulpraxis von Lehrerinnen und Lehrern als „schwaches Elternhaus, Elternhaus mit Desinteresse, Elternhaus mit keiner Verantwortung“ tituliert werden, wie ich sie aus manchen Lehrergesprächen entnommen habe.
Es richtet sich an alle Eltern, die genau das Wissen benötigen, um ihren Kindern den Bildungsweg zu erleichtern und sie aktiv und erfolgreich bei ihrem Lebensweg zu begleiten und konstant zu motivieren. „Bildungs-Brücken: Aufstieg!“ hat eine klare Intention: Änderungen statt Wiederholungen von schwierigen Interaktionen der Kinder- und Jugendarbeit, Suche nach Lösungen statt Präsentieren von Problemen aus der Praxis, die seit Jahren bekannt sind. Fachlich und didaktisch gut ausgebildete Multiplikatoren bedeuten: gut ausgebildete Eltern.
Das Modellprojekt Bildungs-Brücken: Aufstieg! wurde von der Otto Benecke Stiftung e.V. durchgeführt. Projektpartner waren folgende Vereine: Türkisch–Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB), der Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland e.V. (FÖTED), dem Deutsch-Marokkanischen Kompetenznetzwerk e.V. (DMK), Kultur- und Integrationszentrum PHOENIX – Köln e.V. sowie der Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ). Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das einmalige Projekt bis Ende 2014 für eine Laufzeit von drei Jahren gefördert.