So viele wie noch nie: 57 Millionen Menschen mussten 2014 ihre Heimat verlassen

Amnesty International stellt der Weltgemeinschaft ein vernichtendes Zeugnis aus. Sie habe nicht nur versagt. Ihr fehlten auch die Mittel, um die dringendsten Probleme unserer Zeit zu lösen.

-von forgsight

Amnesty International hat angesichts der verheerenden Menschenrechtslage in vielen Ländern der Welt zum Generalangriff auf das Krisenmanagement der Weltgemeinschaft ausgeholt. Der Weltsicherheitsrat habe als Instrument versagt, die Europäische Union (EU) stecke ihren Kopf in den Sand, etwa beim Umgang mit der Flüchtlingssituation im Mittelmeer.

„Wir beobachten einen erschreckenden Trend: Nicht-staatliche bewaffnete Gruppen gehen zunehmend brutal gegen die Zivilbevölkerung vor“, sagte Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland, bei der Vorstellung des Reports in Berlin. „Der Einfluss von Gruppen wie Boko Haram, dem sogenannten Islamischen Staat und Al Shabab reicht längst weit über Landesgrenzen hinaus. Immer mehr Menschen leiden unter ihrer Gewalt und werden im Stich gelassen“.

„Die Reaktion der Weltgemeinschaft auf die zunehmende Gewalt und das Flüchtlingselend ist beschämend“, sagt Çalışkan. „Statt den Schutz der Zivilbevölkerung ins Zentrum internationaler Politik zu stellen, blockieren nationale, geopolitische und wirtschaftliche Interessen ein gemeinsames Handeln und heizen Konflikte noch weiter an.“ Von den ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrats fordert Amnesty, im Fall von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verbindlich auf ihr Veto zu verzichten.

Libanon nimmt 715 Mal mehr Flüchtlinge auf als gesamte EU

Çalışkan zufolge war 2014 „ein katastrophales Jahr für Millionen von Menschen, die unter der Bedrohung durch Entführungen, Folter, sexualisierter Gewalt, Anschläge, Artilleriefeuer und Bomben auf Wohngebiete leben mussten“. So mussten im vergangenen Jahr weltweit rund 57 Millionen Menschen wegen der verschiedenen Konflikte ihre Heimat verlassen.

Gerade im Fall der syrischen Flüchtlinge im Libanon sehe man, wie wichtig die Hilfe aus dem Westen sei. So habe der Libanon über 715 Mal mehr syrische Flüchtlinge aufgenommen als die gesamte EU in den vergangenen drei Jahren.

Ein Grund für die Grausamkeiten seien auch die Waffenlieferungen in Krisenregionen. Die Organisation sieht daher den 2014 in Kraft getretenen internationalen Waffenhandelsvertrag als Erfolg. Dieser müsse jetzt mit Leben gefüllt werden, um die Lieferung von Waffen an Staaten und bewaffnete Gruppen zu stoppen, die Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen begehen, fordert Amnesty International. (dtj/forgsight)