Menschliches Leben im All und auf anderen Planeten bald keine Utopie mehr

Der Weltraum, unendliche Weiten… Was lange nach Science-Fiction klang oder wie Mondspaziergänge schlichtweg zu teuer war, ist jetzt wieder im kommen. 2023 soll die erste menschliche Siedlung auf dem Mars entstehen und auch so setzt sich die Wissenschaft mit dem Fall auseinander, wo die Menschheit nach der Erde leben könnte. (Foto: rtr)

-von forgsight

War es in den 50er und 60er Jahren noch ein Wettrennen zwischen den beiden Supermächten USA und UdSSR, wer als erstes im Weltall ist (UdSSR) oder als erstes den Mond betritt (USA), treten nun auch vermehrt neue Akteure auf dem Parkett der Weltraummissionen auf. Vornehmlich sind es Akteure aus der Privatwirtschaft, die die fast schon ruinösen Kosten tragen, die die staatlichen Akteure in der Vergangenheit unter anderem abgeschreckt haben. Die einen nutzen es zur Freizeit für Superreiche, wie Milliardär Richard Branson, dessen Unternehmen unter dem Namen “Virgin-Galactic” Flüge in der Erdatmosphäre anbietet, für andere wiederum steht ganz klar die Wissenschaft im Vordergrund. 2025 soll die Initiative “Mars One” 705 Menschen auf den Mars bringen und ansiedeln. Besonders heikel: Es ist eine Reise ohne Wiederkehr. Dennoch bestand reges Interesse an dem Projekt, da sich ca. 200.000 Kandidaten beworben haben.

Auch die Wissenschaft macht sich wieder vermehrt Gedanken darüber, wie ein menschliches Leben im Weltraum ausschauen kann. Das ganze klingt zwar nach Science-Fiction, doch könnte in ein paar Jahrenzehnten bzw. -hunderten (vorausgesetzt der technische Fortschritt erhält keinen Abbruch in Folge von Kriegen etc.), Realität werden, wenn die Menschheit zum Beispiel nach neuen Ressourcen Ausschau halten muss. Astronauten wie Chris Hedfield bewertet gemeinsame Projekte, wie die internationale Raumstation schon als Kolonialisierung des Weltraums. Derzeit sehen Experten fünf realistische Szenarien.

Orbitstädte als Modell der Zukunft?

Schon in den 1970er Jahren konzipierte der Physiker Gerard O’Neil riesige Weltraumstationen, in denen mehrere tausend Menschen leben könnten unter anderem mit genügend Freizeitangeboten und Grünanlagen. Diese Idee einer “Oribtalstadt” diente vielen Science-Fiction-Filmen als Vorbild. Die Umsetzung scheitert allerdings schon an der Technik. Die derzeitigen Wegwerfraketen müssen eine Geschwindigkeit von 28.000 km/h erreichen um die Erdatmosphäre verlassen zu können. Allerdings erreicht kein anderer Antrieb aktuell diese Geschwindigkeit. Das kostet angesichts der zu bewegenden Massen nicht nur Geld, sondern auch Treibstoff. Reaction Engines, ein Unternehmen aus dem englischen Abingdon, arbeitet derzeit an einer Mischung aus Flugzeug und Rakete unter dem Namen “Skylon”. Dieses soll nicht nur flüssigen Treibstoff wie bisherige Shuttles nutzen, sondern auch den Sauerstoff der Erdatmosphäre. Ein weiterer Vorteil ist, dass es nur zwei Tage nach der Landung schon wieder einsatzbereit ist und somit mehrfach verwendbar wäre. Für die Konzeption des Unterehmens einer 100m langen und mit einem Durchmesser von 40m versehenen Weltraumstation wären 72 Flüge nötig. Die amerikanischen Kollegen von SpaceX dagegen haben eine Rakete entwickelt, die per Düsenantrieb wieder aufrecht landen kann. Nachdem ein Testflug in 750m Höhe erfolgreich war, musste das Unternehmen einen heftigen Rückschlag verbuchen, nachdem eine Rakete vor wenigen Tagen bei einem Test explodierte. Beide Konzepte würden Material- und Triebstoffkosten jedoch erheblich senken. Reaction Engines hat schon eine richtige Werft, in der die Skylon-Raketen produziert werden sollen.

Wenn die Technik eines Tages jedoch ausgereift sein sollte um die Materialien für so eine Orbitstadt ins All zu bringen, dann wartet gleich die nächste Herausforderung: Die kosmische Strahlung und die Sonnenstrahlung, vor denen wir auf der Erde geschützt sind. Ein Mitglied der ISS wird jährlich 160 Milisievert ausgesetzt. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher Flugzeugpilot dagegen nur 5 Milivert. Das Krebsrisiko bei einem Astronauten steigert sich dadurch um zwei Prozent. Für ein dauerhaftes Leben im All also viel zu viel. Die NASA tüftelt aktuell an superleitenden Materialien, die ein künstliches Magnetfeld erzeugen sollen um die Strahlung zu dämmen.

Rückt der Mond wieder in den Fokus?

42 Jahre nach der letzten bemannten Expedition zum einzigen natürlichen Satelliten der Erde, könnte dieser wieder interessant werden für uns. Einerseits stellte sich der Erdtrabant als relativ langweilig heraus, andererseits wird die Saturn V Rakete, die schon Neil Armstrong und Buzz Aldrin zum Mond transportierte, seit 1972 nicht mehr genutzt. Also benötigt es neue Transportmöglichkeiten, wie eine neue Rakete des Space Launch Systems der NASA, die in naher Zukunft bereits den neuen Typus der Orion-Raumsonde,welche ein Drittel mehr Schubkraft besitzen soll. Der Mond könnte in Zukunft als Tankstelle oder Weltraumlabor genutzt werden, wo man Experimente durchführen könnte, die so auf der Erde nicht möglich sind, wie zum Beispiel für Teleskope. Ob man dafür Ressourcen wie Wasser und Sauerstoff aus dem Inneren des Trabanten schöpfen kann, werden 2018 Experimente am Südpol des Mondes zeigen. Menschliche Siedler könnten sich trotzdem noch nicht den ganzen Tag frei auf der Oberfläche bewegen. Sie müssten in Lavaröhren oder unter der Erde leben um sich vor der kosmischen Strahlung zu schützen.

Mythos des Roten Planeten…

Wie oben schon angesprochen, haben private Initiativen zugenommen, weil es staatliche Akteure nicht mehr bereit sind die hohen Kosten zu tragen. Zwar hat der Mars aufgrund seiner Nähe und Ähnlichkeit die Forschung immer interessiert und nach der Erkundung des Mondes stand schnell fest, dass der rote Planet das nächste Ziel sein sollte, doch allein schon aus den Vorschlägen für so einen Flug gehen Kosten zwischen 25 und 400 Milliarden Euro hervor.

Zwar wird die Technik in zehn Jahren so weit sein die stetig zwischen 56 und 400 Millionen Kilometer schwankende Distanz zum Mars in nur 200 Tagen zu bewältigen und Menschen zu transportieren, der Grund warum so eine Reise jedoch eine Reise ohne Wiederkehr wäre, ist die Tatsache, dass die verbrauchte Menge an Treibstoff gleichzeitig auch für einen Rückflug mitgenommen werden müsste. Eine Alternative wären Ionentriebwerke, die elektrisch geladene Atome ausstoßen und die Rakete somit per Rückstoß bewegen. Sie hätten wesentlich mehr und konstanter Schubkraft und würden zudem weniger Treibstoff verbrauchen als herkömmliche Raketen. Allerdings verbrauchen sie mehr elektrische Energie, so dass riesige Batterien oder Solarsegel mitgeführt werden müssten, die aktuell angesichts der langen Strecke zu fragil sind, als dass sie Strahlung oder kleinerer Meteoritien ausgesetzt werden könnten.

Leben auf dem Mars wäre grundsätzlich möglich, doch sind die Witterungsbedingungen bei 95% Kohlendioxid menschenfeindlich. Mit den oben erwähnten Lavaröhren wäre zumindest ein Leben unter der Erde möglich. Die Ressourcen zum Überleben bietet der Planet ohnehin. Der Permafrostboden könnte aufgetaut werden und als Trinkwasser genutzt werden. Außerdem könnte per Solar- oder Nuklearstrom Sauerstoff aus dem Wasser und Wärme produziert werden, damit man in den Lavaröhren atmen kann und sich nicht den Oberflächentemperaturen von bis zu Minus 60 Grad aussetzen muss. Zusätzlich müssten die Lavaröhren, in denen Menschen hausen sollen, mit Geröll abgedeckt werden. Eine fünf Meter dicke Gerölldecke wäre dabei in etwa so effektiv, wie unsere Erdatmosphäre um Schutz vor Strahlung zu bieten, weil die ersten Siedler auf dem Mars dennoch nicht drum herum kommen sich ein paar Stunden auf der Oberfläche aufzuhalten, sinkt ihre Lebenserwartung um ca 20 Jahre.

Hauptaufgabe der ersten Siedler ist es den Planeten für den Menschen bewohnbarer zu machen. In der Wissenschaft spricht man dabei von “Terraforming”. Durch chemische Effekte wird das Klima bewusst manipuliert. Indem man Treibhausgase herstellt, könnte man so eine “kontrollierte globale Erwärmung” erzeugnen. Die Gletscher würden schmelzen, wodurch sich Wolken bilden, die wiederum Regen erzeugen. So würde die Durchschnittstemperatur innerhalb von 100 Jahren um 40 Grad gesenkt, womit man erste Vegetationen an der Oberfläche anbauen könnte. Nach 900 Jahren wären sogar Nadelbäume auf dem roten Planeten anbaubar und nach einigen Millenien könnten Pflanzen sogar selbst Sauerstoff produzieren, was ein Leben an der Oberfläche ermöglichen würde.

Mobil auf Meteoriten und Monden…

Als mögliche Ansiedlungsorte für die Menschheit müssen nicht unbedingt nur Planeten in Frage kommen. Die beiden größten Jupitermonde Ganymed und Titan haben jeweils einen Durchmesser von 5000 km und sind dadurch größer als der Merkur. Insgesamt gibt es 200 bekannte Meteoriten mit einer Oberfläche, die größer ist als die von Griechenland. Natürlich sind auch sie unwirtlich, doch wäre die Herstellung von Wasser und Sauerstoff, wie oben schon beschrieben kein Problem. Was diese Trabanten und Meteoriten so reizvoll macht, ist dass sie nicht so schwierig anzusteuern sind wie Planeten, aufgrund der geringeren Schwerkraft. Einer japanischen Sonde gelang es so 2005 mit einem normalen Ionentriebwerk auf einem Asteroiden zu landen und wieder loszufliegen. Freilich genügen diese Triebwerke nicht für lange Reisen, allerdings tüftelt die Nasa derzeit an einem neuen Antriebssystem, dessen Schubkraft bis zu 100 mal größer sein soll als das der SLS-Raketen. Dafür wird jedoch ein Kernreaktor benötigt, dessen Transport sich derzeit noch als Ding der Unmöglichkeit darstellt. Eine Alternative wäre die Bündelung von Ionentriebwerken. Allerdings würde die Dauer einer Reise zum Saturn oder zum Jupiter immer noch bis zu fünf Jahre dauern, so Experten.

Trotzdem stellt sich das Leben auf diesen auch nicht einfach dar. Das Magnetfeld des Jupiters lenkt zum Beispiel Strahlenpartikel in die Mondumlaufbahnen, so dass Siedler auf dem Mond Europa schon nach wenigen Stunden sterben würden. Auf Monden, die weiter entfernt sind, wäre ein Überleben in Iglus oder Lavaröhren denkbar. Temperaturen von Minus 140 Grad erwarten einen jedoch auch dort. Auf dem Titan sind es sogar 180, doch dort schützt die dichte Atmosphäre vor Strahlung. Am Äquator hingegen herrscht ein warmes und trockenes Klima. Sauerstoff könnte man aus den unterirdischen Ozeanen in 100km Tiefe gewinnen.

Das Praktische am Leben auf Meteoriten ist, dass sie reich an Ressourcen, wie Eisen oder Stickstoff sind. Auch könnte man Treibstoff sparen, indem man quasi auf den Meteoriten “mitreist”, da man die Umlaufbahn eines solchen Himmelskörpers genau berechnen kann. Doch nicht nur das. Mit der neuesten Technik könnte man einen ein Meter breiten Meteoriten auch “einfangen” und in der Umlaufbahn eines anderen Mondes oder Planeten einsetzen.

Erde 2, 3, 4…

Dass unsere Erde der einzige Planet ist auf dem wir überleben können, kann nicht logisch sein. Bisher sind 300 Galaxien á durchschnittlich 1,6 Millionen Planeten bekannt und das allein in unserer Milchstraße. Es stellt sich nicht die Frage, ob es einen anderen Planeten wie die Erde gibt, sondern wie weit entfernt dieser Planet ist? Und genau bei dieser Frage scheitern wir aktuell mit unserem Stand der Technik. Das nächst gelegene Sternensystem Alpha Centauri, wo es auf jeden Fall einen solchen Expolaneten gibt, ist derzeit 75.000 Jahre entfernt.

Alle Ideen eine Reise über eine solche Distanz zu realisieren, erweisen sich als utopisch, angesichts der enormen Kosten und Energieversorgung. Am realistischsten bewerten Experten, wie Bernd Dachwald von der RTWH Aachen, die Idee des britischen Physikers Robert Forward, Raketen mit einem Laser in der Umlaufbahn der Erde, der auf ein Sonnensegel gerichtet ist zu steuern. Dadruch entstünde eine Triebkraft, die bis zu 10% Lichtgeschwindigkeit erreichen kann, so dass Alpha Centauri “nur” noch 40 Jahre entfernt ist. Doch auch diese Konzeption verbraucht 65 Gigawatt und somit ca. ein Drittel aller Energieerzeugnisse der Bundesrepublik Deutschland. Experten der NASA sehen die Technik erst in 200 Jahren soweit, als dass eine solche Reise realisierbar wäre. (Zeit-Online/ Huffington-Post/ Welt/ forgsight)

Mehr Wissen?

Mars One – Homepage

Virgin Galactic – Homepage

Homepage der Weltraumwerft von Reaction Engines

Homepage – SpaceX